Aus dem Leben von Hans Wulz
Auf der Akademie für Bildende Künste 
Hauptschaffensphase

Ein neuer Abschnitt in Hans´ künstlerischem Leben wurde durch einen Zufall eingeleitet. Auf dem Weg in die Stadt begegnete Hans einem früheren Studienkollegen von der "Graphischen". Man tauschte einige belanglose Neuigkeiten und Sorgen des Alltags aus. Dann wurde Hans das Angebot gemacht, doch mit auf die Akademie zu gehen. Schließlich wäre heutzutage ein Diplom für alle Anstellungen notwendig. Das überzeugte Hans und er inskribierte auf der Wiener Akademie für Bildende Künste. 1952 beschloß Hans sein Studium mit Diplom unter den Professoren Robert Eigenberger und Christian Martin, letzterer wurde später sein väterlicher Freund.
 
 

Hans während eines Malkurses an der Wiener Akademie für Bildende Künste
 
 
 

Die Diplomurkunde von Hans Wulz von der Akademie für Bildende Künste in Wien


Ein guter Freund von Hans, Bildhauer E. Föderl war auch als Restaurateur im Heeresgeschichtlichen Museum tätig, ca. 1948. Durch ihn wurde Hans mit dem damaligen Baurat Eger aus der Bundesgebäude-Verwaltung bekannt. Er war für die baulichen Belange und Dr. Pühringer für das Museale zuständig. Über diese beiden Herren kam Hans zu zahlreichen öffentlichen Aufträgen.

Ein anderes Mitglied des Künstlerhauses, Prof. Max Poosch, ein damals schon betagter Herr, wünschte sich Hans  zur Mitarbeit an der Restauration der Blaas-Fresken im Heeresgeschichtlichen Museum. 1948 erhielt Prof. Poosch den Auftrag, zusammen mit Hans diese Fresken zu restaurieren.
 


Hauptschaffensphase

Für Hans begann nun eine äußerst kreative, vielseitige und schaffensreiche Periode,  seine künstlerischen Hauptschaffensphase, die zu dieser Zeit begann und etwa bis 1962 währte, dem Jahr, in dem er seinen größten Auftrag bei der figuralen Gestaltung des Kreuzigungs-Panoramas in der Schweiz beendete.
 
 

Hans im Gespräch mit Bundespräsident Theodor Körner während der Eröffnung 
seiner Einzelausstellung im Wiener Künstlerhaus im Jahre 1953


In dieser Zeit entstanden die meisten seiner im impressionistischen Stil gemalten Motivbilder. Das Spiel mit dem Licht ist ihm in diesen Werken wesentlich. Hans hat in dieser Phase zahlreiche Momenteindrücke aus dem sich im Wiederaufbau befindlichen Wien eingefangen und in Öl verewigt, wie zum Beispiel in den Werken: "Der Bettler", "Der Kriegsblinde", "Im Stadtpark", "Beim Heurigen", "Kärntnerstrasse".
 


"Wien, Kärntnerstraße", Öl auf Leinwand, 80 x 100, 1947


Seine Frau Rosa erzählte aus dieser Zeit: 

"Als wir noch ohne Kinder waren, machten wir viele Ausflüge oder Stadtspaziergänge. In Hans Handgepäck waren stets ein Zeichenblock und Aquarellfarben. Seine Minimalausrüstung bestand wenigstens aus einem kleinen Zeichenblock, den er in der Westentasche trug und einem Druckbleistift. Nie konnte er untätig sein. Immer wieder packte Hans aus, stellte sich hin und zeichnete oder aquarellierte. Die Leute, die an ihm vorbeigingen oder um ihn herumstanden, waren ihm egal. Oft standen sie so nahe, daß sie ihn behinderten. Manchmal vernahm er auch Bemerkungen und Meinungen, die ihn teilweise amüsierten aber ihn auch verärgerten. 

Die späteren Ausflüge und Urlaube mit den Kindern Hans Georg und Reinhard waren dann oft nervenaufreibend und erschöpfend. Zwei kleine Kinder, eines auf Hans Schultern, das andere an meiner Hand. Hans hatte einen Rucksack auf dem Rücken, eine Staffelei in der einen Hand und mit der anderen Hand hielt er das Kind auf seinen Schultern. Ich selbst trug eine Riesentasche mit Verpflegung und Getränke und in der anderen Hand hielt ich das andere Kind. Wenn Hans malte, dann mußte die Familie so lange in Ruhe verharren, bis das Bild fertig war. Unter diesen neuen Bildern waren oft auch bereits angelegte Ölgemälde, die er dann zu Hause, im Atelier fertig stellte..... "
 

Seine frisch gemalten Bilder zeigte er in Bauernkammern und im Büro der Niederösterreichischen Landesregierung vor. Sie gefielen zunehmend, und Hans bekam bald seine ersten Aufträge. Dies hatte zur Folge, daß er nun oft alleine zum Landschaftsmalen ging. Es war ein willkommener Verdienst  für seine Familie. Nun bekam er auch Aufträge von Bauern- und Handelskammern. Er malte zahlreiche Motive aus dem dörflichen und ländlichen Bereich des Wald- und Weinviertels, aus dem Ötschergebiet und der Mariazeller Gegend. Ein großer Teil dieser damals entstandenen Gemälde, etwa knapp hundert Stück, befinden sich heute im Niederösterreichischen Landesmuseum.

Seine junge Familie ist in dieser Zeit ein ebenfalls ganz zentrales Thema für ihn. Er malte zahlreiche Ölbilder von seiner Familie und fertigte wiederholt Portraits von seiner Frau Rosa und von seinen Söhnen Hans Georg und Reinhard an.

1951 wurde Hans zu einer Studienreise nach Italien eingeladen. Das Österreichische Bundesministerium für Unterricht förderte dieses Vorhaben mit einem nicht unerheblichen Zuschuß. Diese Reise in Italien war für Hans mit einem sehr intensiven Schaffen verbunden. Nun unabhängig von seinen alltäglichen Pflichten als Familienoberhaupt konnte Hans sich nun für eine längere Zeit völlig konzentriert seiner Malerei hingeben. 

Aus Rom und einigen sizilianischen Städten existieren einige seiner stimmungsvollsten Landschaftsmotive in Öl, zum Beispiel: Rom, Tiberbrücke und Taormina, Griechisches Theater. Groß war die Freude und Überraschung nach seiner Heimkehr über seine zahlreichen Bilder, die er mitbrachte und die er bedächtig eins nach dem anderen vorstellte. 

Wieder zu Hause, in seinem Atelier, schuf Hans eine beträchtliche Anzahl von großformatigen Ölgemälden, zum Thema "Mensch, Leben und Schicksal". 

In den Jahren 1954 und 1955 widmet er sich fast vollständig seinen Arbeiten am Entwurf und an der Ausführung der Wandfresken im Wiener Heeresgeschichtlichen Museum. Hans bekam unter Hofrat Pühringer den Auftrag, weitere Fresken im Heeresgeschichtlichen Museum und zwar nach eigenen Entwürfen anzufertigen. Thema: "Erstürmung einer mittelalterlichen Stadt", siehe Bild unten, und "Entwicklung der Feuerwaffen". Hans verbrachte daraufhin viele Stunden im Kunsthistorischen Museum und machte Skizzen von zeitgemäßer Kleidung, Rüstungen, Ausrüstung. Die Darstellungen auf den Fresken sind daher alle stilecht. Die notwendige Reife, die Freskotechnik auszuführen, erarbeitete sich Hans wenige Jahre zuvor, als er zusammen mit Prof. Max Poosch die Blaas-Fresken in der Ruhmeshalle im selben, damals noch kriegsbeschädigten Museum, restaurierte.
 
 


 


In dieser höchst schaffensreichen Phase entstehen auch einige seiner schönsten Aktkompositionen. Thema auf diesen Gemälden ist die Familie und die Begegnung von Mann und Frau. Er bedient sich dabei der Farbverfremdung und setzt hier, bei der Aktmalerei, im Gegensatz zum Rot-Blau-Kontrast seiner biblischen Motive, überwiegend auf den Gelb-Grün-Kontrast. Typische Beispiele hierfür sind die Gemälde: Familie, Der Tag, Inhalt des Lebens.

1957 wurde er mit der künstlerischen Gestaltung eines großen Altarfreskos in der Judas-Thaddäus-Kirche in Wien-Döbling mit dem Thema "Liturgie" betraut. Dieses von Hans entworfene und gestaltete Altarbild stellt die irdische und die himmlische Liturgie dar. Gemäß der Themenstellung der Pfarre sollte der Begriff "Liturgie" entsprechend seines ursprünglichen Sinns aufzufassen sein, nämlich als Leistung eines Dienstes, den der Mensch in seinem Leben an Gott leistet. 
 
 

Altarfresko in der Judas-Thaddaeus-Kirche in Wien zum Thema "Liturgie".
Zentralfigur: Hl. Judas Thaddäus. Figuren auf der linken Seite, von oben nach unten: Gottesmutter Maria, Hl. Franz v. Sales, Hl. Josef, Hl. Johanna und die "Familie". Rechts: Die großen Ereignisse des menschlichen Lebens: Wissenschaft, Technik, Medizin



Durch diese Thematik beeinflußt, hatte sich Hans in den folgenden Jahren in seiner Malerei sehr intensiv mit bedeutenden Motiven der christlichen Kunst auseinandergesetzt. Bis zum Beginn seiner monumentalen Arbeit am Kreuzigungspanorama im Schweizer Einsiedeln in den Jahren 1961 und 1962 schuf Hans eine größere Anzahl ergreifender Ölgemälde mit biblischen und alttestamentarischen Inhalten. 

Er unterliegt jetzt nicht mehr dem Einfluß seiner frühen künstlerischen Vorbilder. Mit Vehemenz verfolgt er jetzt einen eigenständigen, für ihn typischen Stil seiner figuralen Kompositionen. Auf seinen großen Öl-Tafelbildern, die jetzt hauptsächlich religiöse Themen haben, dominieren vor allem die blauen Farbtöne als die mystischen Farben. Er bedient sich der farblichen Gegensätze. Vor allem der Rot-Blau-Kontrast kommt in seinen religiösen Kompositionen immer wieder zum Ausdruck. Er will, daß seine Malerei den Betrachter anspricht, ihn fasziniert. Eine im Gemälde verankerte geistige Sprache kann eine solche Faszination auslösen. Dieses Ausdrucksmittel fand Hans im Mittel seiner gekonnten Farbgebung. "Seine Farben lodern", und "Die Bilder lösen unmittelbar und sofort Resonanz aus", wie Kritiker schreiben. Beispiele sind die Gemälde: "Beweinung Christi", "Not", "Pieta", "Verrat Jesu", "Opferung Isaaks", "Christus als Schmerzensmann" (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum).
 
 

"Christus als Schmerzensmann", Öl auf Leinen, 80 x 100, 1959
 

Kreuzigungspanorama in Einsiedeln

Sein größter und aufwendigster Auftrag in den Jahren 1961 und 1962 beschließt seine biblisch-mystische Phase. Er beteiligt sich erfolgreich an einer internationalen Ausschreibung zur Neugestaltung des großen Kreuzigungs-Panoramas  im Wallfahrtsort Einsiedeln in der Schweiz. Die Betriebsgesellschaft des 1960 während Restaurationsarbeiten völlig abgebrannten Panoramas wandte sich an das Berner Kunstmuseum, für die Neugestaltung einen fähigen Künstler zu suchen. Auf Vorschlag des Konservators des Kunstmuseums, Prof. Dr. Max Huggler wurden von fünf in Frage kommenden Künstlern Probearbeiten geschaffen. "Unter diesen befand sich", wie die Presse schreibt, "eine von allerbester Qualität, nämlich jene des Wiener Malers Prof. Hans Wulz".
 




In einer schwer vorstellbaren Arbeitsleistung schufen Wulz und sein Kollege Josef Fastl innerhalb eines einzigen Jahres ein monumentales Ölrundgemälde im Ausmaß von 100 Metern Umfang und 10 Metern Höhe. Während Hans Wulz über 500, meist lebensgroßen Figuren geschaffen hat, befaßte sich Josef Fastl überwiegend mit dem landschaftlich-architektonischen Teil des Riesengemäldes. Im Frühjahr 1962 war das Werk pünktlich zur 600-Jahr-Feier des Wallfahrtsortes Einsiedeln fertiggestellt und wurde der Öffentlichkeit vorgestellt. "Den beiden Malern Hans Wulz und Josef Fastl ist diese Arbeit vollauf geglückt: Ein bestmögliches, kaum je erwartetes Ergebnis", schreibt die Presse.

Die nun fast 15 Jahre dauernde, intensive, schöpferische und vielseitige Schaffungsphase, in der er sich kaum Ruhe und Erholung gönnte und die gewaltige Anstrengung bei der Gestaltung des Einsiedeln-Panoramas hat einen Einschnitt im künstlerischen Schaffen von Hans zur Folge. 

Vor allem die tägliche 10- bis 12stündige Arbeitsleistung, die er in den Jahren 1961 und 1962 auch an den Wochenenden wegen der pünktlichen Fertigstellung des Panoramas zum 600jährigen Jubiläum Einsiedelns erbringen mußte, haben ihn erschöpft. Er widmet sich nun in den folgenden Jahren mehr seiner Familie. 


 

Öffentliche Arbeiten

Später, etwa ab Mitte der 60er war  Hans Wulz nicht mehr auf den Verkauf von Gemälden zum Lebensunterhalt angewiesen. Haupterwerbsquellen waren jetzt die zahlreichen Aufträge, die Hans vom Bundesdenkmalamt, von Handels- und Wirtschaftskammern und von Wohnbaugesellschaften zur Fassadengestaltung öffentlicher Gebäude bekam. 

Insgesamt schuf Hans  in der Zeit von 1954 bis 1969  rund 50 Sgraffiti, Mosaiken, Steinschnitte und Wandfriese für öffentliche Gebäude und Wohnhäuser in Wien und Niederösterreich.


Hans Wulz bei der Arbeit an einem Sgraffito in Brunn am Gebirge, Viktor-Adler-Gasse
 

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